Überlegter, wertschätzender und ehrfürchtiger

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Interview Timm Bodner, Antenne Kärnten im Rahmen der Interviewserie „Chancen sehen“ des Verantwortung zeigen! Netzwerks.

Die Interviewserie lässt uns an den persönlichen Erfahrungen während der Zeit der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 teilhaben und an jenen Perspektiven, die sie für die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft daraus gewonnen haben.

 

  1. Was waren die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Wochen?

Wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass unsere Welt so schnell so stark ins Wanken gerät. Bis dato Selbstverständliches war es plötzlich nicht mehr. Bisher nicht gekannte Ängste sind aufgetreten. ABER: Wir Menschen sind sehr flexibel, schnell und anpassungsfähig – das zeigt die Krise auch. Wenn es hart auf hart kommt, stehen wir zusammen.

Bei meiner Arbeit habe ich ein Team erlebt, dass sich unglaublich schnell und fokussiert auf die neue Aufgabe und die damit verbundenen Herausforderungen eingestellt hat. Eine Mannschaft, die bereit war (privat) Abstriche zu machen, um im Sinne des Gemeinwohles und zum Wohle des Senders zurückzustecken, um sich eben nicht anzustecken.

 

  1. Was war der wohl prägendste Moment?

Die Erfahrung, im Supermarkt vor leergeräumten Regalen zu stehen und die eigene Abhängigkeit und Machtlosigkeit zu merken.

 

  1. Was ist das Allerwichtigste, das Sie sich wünschen, dass wir aus der Krise lernen?

Definitiv, dass Gesundheit unser kostbarstes, persönliches Gut ist und über allem stehen muss.  Slow down. Es muss nicht alles gleich und sofort in der Sekunde passieren. Es gibt auch und besonders nach der Krise noch tolle regionale Produkte von heimischen Unternehmen.

 

  1. Wo braucht es in Wirtschaft und Gesellschaft auch neue Wege?

Wir haben gesehen, dass plötzliche Dinge möglich sind, die wir vorher nicht so erwartet hätten. Thema: Home Office mit der Möglichkeit, sich im besten Fall selber besser zu managen und den Arbeitnehmern auch mehr Freiheiten zu gewähren. Thema Abhängigkeiten: Wo können wir es besser schaffen, dass wir nicht mehr so stark nach außen abhängig sind? (beispielsweise in der Versorgungssicherheit). Das Spannungsfeld von Profitgier vs. auf jeden Einzelnen und besonders die Schwächeren zu schauen.

 

  1. Welches Motto würden Sie der Zeit nach Corona zuschreiben wollen?

Das bisherige „Schneller, höher, weiter“ sollte zu einem „Überlegter, wertschätzender und ehrfürchtiger“ werden.

 

  1. Welches Glück haben Sie in den letzten Wochen entdeckt?

Ich würde statt ‚entdecken‘ lieber ‚bestätigt worden‘ sagen: Ich habe das Glück, eine starke, verständnisvolle Frau an meiner Seite zu haben – Wir haben gemeinsam unsere Jobs im Home Office und dreijährige Zwillinge in der Trotzphase gemanagt 😊. Meine Kinder sind gesund – das ist ein Riesenglück. Und ich habe das Glück – leider im Gegensatz zu Tausenden anderen – meine Arbeit behalten zu haben, die mich obendrein noch sehr erfüllt.

 

30. April 2020