VZ Thementag 2018 am Red Bull Ring | Zeit für ein Kultur-Update

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9. Juli 2018, Spielberg. Relevante Verbindungslinien zwischen Digitalisierung und Mensch erarbeiteten unter dem Titel ‚Zeit für ein Kultur-Update‘ rund 30 UnternehmensvertreterInnen beim jährlichen sommerlichen Denktag im Netzwerkkreis. Fundierte Impulsbeiträge, konkrete überbetriebliche Lösungsansätze kombiniert mit sportlichem Esprit und vielen Backstage-Einblicken im anregenden Ambiente des Red Bull Ring – das war der VZ Thementag 2018.

„In unserer Zeit passiert nicht weniger, als dass wir zwischen Algorithmen und selbstlernenden Systemen das Menschsein auf diesem Planeten neu definieren“, so formulierte Ernst Sittinger im Mai diesen Jahres in der Kleine Zeitung die Veränderungen, die angesichts der zunehmenden Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft Platz greifen. Höchste Zeit also, auf die Auswirkungen dieser Entwicklung auf den Menschen zu blicken. Zeit also für ein Kultur-Update, zu dessen Erarbeitung sich Führungskräfte aus unterschiedlichen Sektoren und Branchen und auch junge Menschen im Ambiente des Red Bull Rings am 9. Juli 2018 in Spielberg trafen.

Der Tag öffnete drei zentrale Blickwinkel auf das Thema: die individuelle Führungs-, die Organisations- und die gesamtgesellschaftliche Perspektive.

  • Wie verändert sich die Rolle und Anforderung an Führung in zunehmend digitalisierten Unternehmen und Organisationen?
  • Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das Miteinander im Unternehmen, auf Betriebsklima und Kultur, wenn sich in zunehmender Geschwindigkeit Prozesse und Abläufe ändern?
  • Wie sieht unsere Gesellschaft in 20 Jahren aus, wenn angesichts zunehmender Technologisierung Mitarbeiter in den Unternehmen nicht mehr gebraucht werden?

Nach einer Einführung in den Ablauf und die Ziele des Tages, startet Manfred Reichmann, Geschäftsführer von Dr. Oetker Österreich als erster Impulsredner. Digitalisierung und Individualisierung, das sind die beiden zentralen Trends, die den Markt derzeit bestimmen und große Herausforderungen an traditionelle Unternehmen stellen. Weg von Massenangeboten für Massenmärkte hin zu individuellen Angeboten, die mit dem individuellen Alltag vernetzt sind und der always-on-Mentalität der Konsumenten entsprechen. Es gilt weiterhin vorne dabei zu sein in neuen Formen der rasanten Entwicklung von bewährten Produkten hin zu neuen Geschäftsmodellen. Immer die Mitarbeiter im Blick, die diese Entwicklung voranbringen müssen, immer die Unternehmenskultur im Blick, in der Visionäre auf Beharrungskräfte treffen.

Kunden und Mitbewerber in die Innovationsprozesse einzubeziehen und im Wettbewerb im Internet vorne dabei zu sein, Touchpoints mit dem Kunden strategisch zu planen, Big Data zu Smart Data zu machen – all dies stellt Anforderungen an Führungskräfte, aber auch an die Prozesse. Wir müssen intern Platz schaffen und Ressourcen freimachen für diese neuen Entwicklungen, d.h. im Kerngeschäft ständig noch effizienter werden.

Von einer ähnlichen Ausgangssituation berichtet im zweiten Impulsreferat der Leiter des Generalsekretariats der Steiermärkischen Sparkasse Oliver Kröpfl. Die Balance zwischen Tradition und Innovation sei eine Herausforderung, zumal ein paar neue Apps noch keine digitalisierte Transformation bedeuten. Es reiche nicht aus, den Mitarbeitern neue technische Geräte zur Verfügung zu stellen und sie mit deren Anwendung allein zu lassen, betont Kröpfl die Rolle der Führungskräfte. Zumal der Erfahrung nach die Widerstände gegen Veränderungen bei den Mitarbeitern höher seien als jene bei den Kunden. „Die IT-Kosten holen die Personalkosten langsam ein“, dieser Satz macht die Relevanz des Themas besonders offenkundig. Zudem sei es wichtig, im Blick auf den Kunden sicherzustellen, dass aus der Digitalisierung keine Diskriminierung einzelner Kundensegmente erwachse. Menschen, die nicht technikaffin sind, haben nach wie vor Anspruch auf alle Angebote und gute Beratung, nicht jeder findet sich in der technischen Welt sicher zurecht. „Und das ist keine reine Altersfrage“, so Kröpfl.

Wie bauen wir in der zunehmenden Digitalisierung Beziehung zu Kunden auf? Brauchen wir Regionalität weiterhin und wie gestalten wir diese im digitalen Zeitalter? Und wie stellen wir sicher, dass nach wie vor persönliche Kontakte gepflegt werden, auch interne, zumal das Kennenlernen über das Intranet nie das persönliche Gespräch ersetzen könne, waren weitere Fragen, die nicht nur die Steiermärkische beschäftigen. Generell werde weniger gesprochen in den Unternehmen. Wie können Reklamationen besser als persönlich entgegen genommen werden? Führung muss den Rahmen schaffen für solche und andere persönliche Kontakte.

Den Blick aufs Ganze bringt als dritter Impulsredner der Dompfarrer von Klagenfurt Peter Allmaier ins Plenum ein. Die digitale Entwicklung sei eine Revolution, die die Gesellschaft komplett verändern wird. „Wir gehen in eine Welt, in der das Große aus dem Blick gerät und die sich im Kleinen verliert“, so Allmaier. Der Mensch werde segmentiert in Kundenprofile, die im Marketing gut eingesetzt werden können. Individuum bedeutet im Lateinischen ‚unteilbar‘; verlieren wir uns in der digitalen Welt als Menschen? Wer trägt den Wert des Humanen in die Zukunft? Digitalisierung sei, so Allmaier, letztendlich ein Optimierungsversprechen. Es wird einfacher, schneller, besser – und doch geht es uns nicht wirklich besser, sind wir nicht zufriedener, haben wir nicht mehr Zeit…

Er weist auf Fragen hin, die bis dato unbeantwortet bleiben: Was passiert, wenn sich Maschinen und Menschen wirklich verbinden? Welcher Wandel an Arbeit steht wirklich bevor? Verlernen wir nicht zunehmend handwerkliche und sprachliche Fähigkeiten und eigenständiges, kritisches, kreatives Denken, kurz: das Wissen um die Welt? Mehr denn je brauchen wir Visionäre und Utopisten. Die Welt von heute ist nicht schwierig und kompliziert, sie ist komplex. Und die Bewältigung von Komplexität gelingt durch Probieren, durch Ideen, durch Interventionen, die quer kommen. Räume, in denen wir an einer besseren Welt arbeiten, in denen wir Empathie nutzen und uns für gute sinnstiftende Dinge einsetzen, in denen wir das eigentliche Leben als Mensch auch genießen. Damit Digitalisierung für den Menschen zu einer positiven Entwicklung führt, will diese auch durch das gemeinsame Denken – wie heute – gestaltet werden, schließt Allmaier.

In der Folge arbeiten die TeilnehmerInnen in drei Themengruppen an der Ausarbeitung der konkreten Problemfelder und erster Lösungsansätze, die über den Tag und an verschiedenen Orten am Red Bull Ring weiter konkretisiert werden. Schlussendlich liegen eine Reihe konkreter Umsetzungsideen vor, die weiterführend selbstorganisiert im Verantwortung zeigen! Kreis realisiert werden – ein mit Herbst beginnender Führungskräfte-Circle zum Austausch über „Digitalisierung aus Kulturperspektive“, firmeninterne Kurzworkshops zur Hebung von Ideen und Erfolgen, die Erarbeitung einer Bewertungsmatrix, die die humanen Auswirkungen von Digitalisierungsprojekten sichtbar macht, ein Buddy-System, das intern etabliert wird. Der Faktor Kommunikation und speziell das einander Zuhören und einander nochmals zuhören gilt es neu zu entdecken und zu kultivieren.

Neben jeder Menge intensiver Diskussion und Vernetzung kamen Abwechslung und Spaß nicht zu kurz – eine umfassende Backstage-Führung durchs Areal stand ebenso am Programm wie die eine oder andere rasante Go-Kart-Runde.

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