St. Paul im Lavanttal, 10. Juli 2023

Man wächst an seinen Niederlagen! Wie oft wird dieser Satz gehört, wie oft werden diese Worte verwendet. Auf den Punkt gebracht hat diesen einfachen und doch vielschichten Satz der Profisnowboarder Alexander Payer in seinem Impulsreferat über seinen Umgang mit Höhen und Tiefen eines Sportlerlebens am VZ Thementag 2023 im Benediktinerstift St. Paul im Kreis von rund 60 Führungskräften rund ums Thema Perspektiven von Leadership. Wie jedes Jahr und wie eine liebgewonnene Tradition war der VZ Thementag auch 2023 gespickt mit Impulsen zum Weiterdenken, mit bereichernden Begegnungen und wertvollen Gesprächen.

Neben Alexander Payer haben auch Pater Marian Kollmann, Prior-Adminstrator des Stifts St. Paul und Günter Gorbach, Prokurist der Zürcher Kantonalbank mit ihren Beiträgen den Tag, der im Kalender vieler Führungskräfte aus dem VZ Netzwerk nicht mehr wegzudenken ist, eingeleitet. Was kann und was muss Führung leisten und welchen Rahmen brauchen Organisationen und Führungskräfte selbst? Wo ist ihre Kraft zur Weltgestaltung gefragt, ohne sie dabei zu überfordern? Vielschichtig und tiefgründig widmeten sich die drei Vortragenden diesem Thema und haben damit nicht nur Denkanstöße der Zuhörerschaft weitergegeben, sondern auch viel Zustimmung zu ihren Ausführungen erhalten.

 

Leadership im Sport – die Freude an der Niederlage

Sich Ziele setzen, mit Rückschlägen umgehen, die Energie und Motivation kanalisieren – und Mensch sein: authentisch, zuversichtlich, sich vertrauend, für etwas brennen. Seit mehr als 15 Jahren im Profisport tätig, zeichnet Alexander Payer sein persönliches Bild mit dem Umgang von Niederlagen und dem Druck einer Organisation, die den Rahmen für leistungsorientierte Athleten bietet und zugleich kaum Raum für Individualität bietet. Verletzungsbedingt zur Ruhepause gezwungen, beginnt der ruhige sympatische Wintersportler seine bisherige sportliche Laufbahn zu reflektieren und skizziert, wie wichtig seine Niederlagen für die großen Erfolge waren und wie brennend der Wunsch nach Selbstbestätigung und Erfolg. Ohne über sich hinaus zu wachsen, an sich zu arbeiten, ohne die Bereitschaft Risiken einzugehen und Fehler zu machen und diese mit sich selbst und seinem Team wieder aufzuarbeiten, bleibt der Erfolg ein Traum. „Der Gegner schläft nicht, er trainiert“, zitiert Alexander einen Spruch, der ihn in seiner Jugend begleitet und zollt seinem engen Umfeld Respekt und Dankbarkeit, mit ihm den schwierigen und aufwendigen Weg eines Profisportlers gegangen zu sein.

„Talent zu haben ist eine Sache, dran zu bleiben und mit allen Umständen lernen umzugehen, dir selbst zu vertrauen, dein Team zu erlauben, dich auf dieser nicht immer einfachen Reise zu begleiten, führt dich zum Erfolg, Bei Fehlern fällt man selten zurück, sondern meistens nach vorne“, lautet sein Resümee.

 

1500 Jahre alte Regeln, die aktueller nicht sein könnten

Wer kennt sie nicht, die lateinischen Worte „ora et labora et lege“, so begann Pater Marian Kollmann, Prior-Administrator des Stifts St. Paul seinen Vortrag, in dem er die ZuhörerInnen einlud, ihm in die Welt der seit 540 n.Chr. bestehenden Klosterregeln „Regula benedicti“ zu folgen. Er beschrieb in seinen Ausführungen nicht nur die Lebensgemeinschaft der Mönche, sondern auch jene Führungsqualitäten, die Benedikt für den Vorstand eines Klosters niedergeschrieben hat. Zwei Kapitel beschäftigen sich mit dem Abt (innere und äußere Haltungen):

  • Selbsterkenntnis und Selbstannahme (humilitas – Erdung/Demut) als Grundvoraussetzungen für den Dienst der Leitung
  • Discretio – das rechte Maß und die gute Unterscheidung als immer wieder neu einzuübende „urbenediktinische“ Tugend
  • Ziel von Leitung muss immer die Weckung und Stärkung von Liebe zur Wirklichkeit und individuellen schöpferischen Fähigkeiten sein

Weiters zeichnet Benedikt Bilder zum Tun und Handeln von Führungskräften, um ihnen mit dieser einfachen Darstellung mehr Stärke zu verleihen:

  • der Vater, der stärkt und Halt verleiht
  • der Lehrer, der lebt, was er lehrt
  • der Hirte, der Wege zu geistlicher Nahrung weist und gegen Wölfe verteidigt
  • der Arzt, der verbindet, heilt und hilft, ganz zu werden
  • der Gärtner, der sensibel nichts zerbricht, manches aber klug wegschneidet und Wachstum fördert

Pater Marian beschrieb seinen persönlichen religiösen Werdegang, das Ankommen und Leben in dieser christlichen Gemeinschaft und die Herausforderung, bei jeder Weiterentwicklung die Benedictischen Regeln im Blick zu behalten und sich daran zu orientieren.

 

Leadership für Nachhaltigkeit im Unternehmen und was wir von den Finanzmärkten dazu lernen können

Wenn sich Unternehmen schon mit steigenden regulatorischen Vorgaben, mit Stakeholdererwartungen und der Wahrnehmung von außen beschäftigen müssen, dann soll auch der größtmögliche Nutzen daraus generiert werden. So eine Kernaussage von Günter Gorbach, Prokurist der Zürcher Kantonalbank, der sich selbst zu Beginn seines Impulses gleich als Nachhaltigkeitsfreak beschrieb. „Eigentlich komme ich aus der Umweltbewegung und habe bereits vor vielen Jahren ein Nachhaltigkeitskonzept umgesetzt in der Bank, für die ich verantwortlich zeichnete“, so Gorbach. Aktuelle steigende regulatorische Anforderungen und Berichtspflichten seien verwaltungstechnisch aufwändig und inhaltlich wenig richtungsweisend, zugleich nehmen aber Informationsanforderungen von Kunden und finanzierender Banken spürbar zu, zudem die Relevanz im „war for talents“ – Stichwort employer branding. Gorbachs Conclusio:

  • Wenn Sie sich schon damit beschäftigen müssen, sollten Sie auch gleich was Gescheites daraus machen!
  • Für Umsetzung und Wirkung ausreichende „management attention“ sichern – Sie tragen die Verantwortung!
  • Keine „Angst“ vor der Öffentlichkeit!

 

Mit diesen Impulsvorträgen ging es in die Mittagspause, nicht aber ohne zuvor der Einladung von Pater Marian entsprechend dem Mittagsgebet der Mönche beizuwohnen. Einkehrende 20 Minuten, die – untermalt von jahrhundertealten Gesängen – Augenblicke des Innehaltens ermöglichten und den Tag spirituell bereicherten.

Am Nachmittag teilten sich die TeilnehmerInnen in vier Themengruppen und widmeten sich – teils im Grünen, teils in den Stiftsarkaden sitzend – folgenden Fragen:

  • Themengruppe 1 | Sich selbst führen:
    Was sind jene Herausforderungen, die das Führungskräfte-Sein auf die Person und die eigene Persönlichkeit hat? Welche Fähigkeiten brauchen Management und Leadership heute und morgen? Und mit welchen Mechanismen können diese gestärkt werden? Ergebnis waren Empfehlungen für gute Selbstführung.
  • Themengruppe 2 | Die Organisation gestalten:
    Welchen Rahmen sollten gute Führungskräfte ihrer Organisation vorgeben in Zeiten der Unsicherheit, der Transformation und des Arbeitnehmer-Marktes? Was können Unternehmen von den benediktinischen Regeln mitnehmen? Ergebnis waren Erfolgskriterien für zukunftsfähige Strukturen und Prozesse.
  • Themengruppe 3 | Markt und Welt im Blick:
    Du Weltverbesserer! Das ist keine typische Zuschreibung für Führungskräfte und Unternehmer:innen. Sollte sie es werden? Und ist das überhaupt möglich. (Wie) Müssen sich unsere Produkte und Dienstleistungen verändern, um die Welt wirklich besser zu machen? Ergebnis waren Beispiele für nachhaltige (Um-)Gestaltung von Produkten und Leistungen, die auch umsetzungsfähig sind.
  • Themengruppe 4 | Das Klima schafft den Rahmen:
    Wer ist verantwortlich für den Klimaschutz? Was können Unternehmen in ihrem Einflussbereich leisten, wo Bewusstsein bilden und helfen, Fakten zu schaffen? Welche Rolle kann und soll dabei das Verantwortung zeigen! Netzwerk spielen? Ergebnis waren Vorschläge für Initiativen und kooperative Aktivitäten.

 

Nach der Vorstellung der Arbeitsergebnisse im Plenum wurde der VZ Thementag 2023 mit einer kurzweiligen und scharfsinnigen Zusammenfassung über die die Unterschiede von Management und Leadership vom Rektor der Diakonie de La Tour Hubert Stotter geschlossen. „Es braucht beides für ein erfolgreiches Unternehmen, Leadership und Management. Sie sind als Führungskräfte nicht alleine.“ Beim gemütlichen Ausklang in den Arkaden mit Imbiss und einem Glas Wein erzählte Bernhart Binder, Forstdirektor des Stiftes, über die umfassende Entwicklung in Sachen Nachhaltigkeit, der sich auch ein jahrhundertealter Orden stellen muss.

Es war ein rundum gelungener VZ Thementag 2023 – Fortsetzung im kommenden Jahr ist gewiss.

 

Noch mehr Fotos gibt es hier im Online-Fotoalbum.

Herzlichen Dank den Referenten für die bereichernden und motivierenden Impulse und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die rege Beteilung und das gute Feedback. Ein Netzwerk ist so stark wie seine Partner– da wurde einmal mehr bewusst: Wir sind gemeinsam stark.