Wir brauchen eine solidarische Gesellschaft mit allen notwendigen Elementen

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Interview Peter Wedenig, Geschäftsführer AMS Kärnten im Rahmen der Interviewserie „Chancen sehen“ des Verantwortung zeigen! Netzwerks.

Die Interviewserie lässt uns an den persönlichen Erfahrungen während der Zeit der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 teilhaben und an jenen Perspektiven, die sie für die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft daraus gewonnen haben.

 

  1. Was waren die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Wochen?

Diese Frage ist aus zwei Blickwinkeln zu beantworten: Aus der Außensicht betrachtet wurde deutlich, wie stark die Wirtschaftszweige verwoben sind und wie tief sie ineinandergreifen. Es wurde sichtbar, was es bedeutet, wenn so einschneidende Schritte wie ein Lockdown gesetzt werden mit der Konsequenz der Freisetzung von Arbeitskräften. Eine wesentliche Erfahrung innerhalb des AMS war die enorme Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Ausnahmesituation und die Fähigkeit innerhalb unserer Organisation in so kurzer Zeit die Kurzarbeit als Massenprodukt effektiv umzusetzen. Das hat es in diesen Dimensionen zuvor noch nicht gegeben.

 

  1. Was war der wohl prägendste Moment?

Prägend für mich war insbesondere das Auftreten erster Verdachtsfälle von Infektionen im AMS Kärnten. Diese haben sich glücklicherweise nicht bestätigt. Zur Sorge um die betroffenen Personen sind gerade in der Anfangsphase eine Ungewissheit und offenen Fragen hinzugekommen: Was heißt es, wenn jemand erkrankt? Wie kann der Verlauf aussehen? Was bedeutet das für Kolleginnen und Kollegen? Für die Betreuung unserer Kundinnen und Kunden?

 

  1. Was ist das Allerwichtigste, das Sie sich wünschen, dass wir aus der Krise lernen?

Wir können nur dann gestärkt aus einer Krise hervorgehen, wenn wir gemeinsam agieren. Dieses gemeinsame Vorgehen und an einem Strang ziehen muss bestehen bleiben. Ich bin überzeugt davon – und die Wirtschaftsentwicklung gibt mir Recht –, dass die Corona-Krise nicht die letzte Situation sein wird, in der ein gemeinsames Vorgehen vonnöten ist. Wirtschafts- und Gesellschaftsleben sind miteinander verwoben: Ein Einschnitt, wie die Corona-Krise, trifft alle Schichten der Gesellschaft. Es wird also nötig sein, über den Tellerrand hinaus zu sehen, um zum Wohle ALLER wirtschaftlich und gesellschaftlich wieder in Fahrt kommen zu können.

 

  1. Wo braucht es in Wirtschaft und Gesellschaft auch neue Wege?

Mit der starken Krise und dem harten Lockdown haben wir schnell lernen müssen, dass Wirtschaft und Gesellschaft nicht trennbar sind, sondern zwei Seiten einer Medaille. Die Lehre kann nur sein: Gesellschaft und Wirtschaft müssen Hand in Hand gehen – wann immer, und in welcher Tiefe Krisen entstehen.

 

  1. Welches Motto würden Sie der Zeit nach Corona zuschreiben wollen?

Ich wünsche mir eine verstärkt solidarische Gesellschaft mit allen notwendigen Elementen. In diesem Sinne könnte das Motto lauten: Zeit des Miteinanders und Füreinanders.

 

  1. Welches Glück haben Sie in den letzten Wochen entdeckt?

Ausnahmesituationen richten den Blick auf Wesentliches und vermeintlich Selbstverständliches. Als persönliches Glück habe ich es empfunden bzw. empfinde ich es, dass meine Familie und ich gesund geblieben sind. Denn schlussendlich ist es die Gesundheit, die zählt. Aus beruflicher Sicht war und ist es der enorme Einsatz meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der in dieser Ausnahmesituation weit über ein alltägliches Arbeitsmaß hinausgeht. Danke an dieser Stelle an jede Einzelne und jeden Einzelnen: Ich schätze mich glücklich, Chef dieser Organisation und dieses Teams zu sein.

 

30. April 2020