April 2024. Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende BKS Bank zieht im Gespräch mit Iris Straßer über die Entwicklung und die aktuelle Relevanz der Nachhaltigkeit, aber auch persönlich Bilanz. Das Interview wurde in der Verantwortung zeigen! Sonderausgabe des advantage Wirtschaftsmagazins veröffentlicht.

 

Seit fast 20 Jahren stehen CSR, Nachhaltigkeit, ESG bereits ganz oben auf der Agenda der BKS Bank. Vorab ein Resümee nach dieser Zeit?

Stockbauer: Es ist eine interessante Entwicklung. Es ist schön, wenn man einen Trend über 20 Jahre mitverfolgt und mitentwickelt hat. Am Anfang sind wir in kleinen Gruppen mit sehr abgegrenzten Themengebieten als Idealisten gestartet und plötzlich ist daraus ein Megatrend geworden, der heute jedes Unternehmen betrifft. Es gibt kein Unternehmen mehr, das sagen würde: „Das ist ein Blödsinn, eine Modeerscheinung“. Nachhaltigkeit wurde vom Randthema zum Megatrend.

Damit verbunden ist auch die Entwicklung von der Freiwilligkeit zu einer fast überzogenen Regulierung, mit der die Freude, sich mit dem Thema zu beschäftigen verloren gegangen ist. Das sehe ich mit Skepsis.

Die Regulatorik nimmt zu, die Transparenzverpflichtungen ebenfalls. Worauf müssen sich kleine, mittlere, große Unternehmen einstellen, was Banken künftig von ihnen erwarten?

ESG ist fixer Bestandteil jedes Kundengesprächs geworden. Kunde müssen mittlerweile plausibilisieren, ob ihr Geschäftsmodell klimafit ist, das Thema fließt in die Risikobewertung und ins Rating ein, das gilt auch für kleine und mittlere Unternehmen. Es gibt viele Abhängigkeiten durch indirekte Transparenzpflichten in der Lieferkette, es braucht viel mehr technische Daten als Unternehmen bislang gewohnt waren. Das bedeutet, die regulatorische Entwicklung wird sich auch auf kleine Unternehmen durchschlagen.

Natürlich gibt es viele Auswirkungen auf der Bankenseite selbst – das Nachhaltigkeitswissen muss mittlerweile breit verankert sein, jeder Kundenbetreuer muss Bescheid wissen – und die Kunden müssen hinsichtlich Nachhaltigkeit auskunftsfreudiger werden. Das Thema beeinflusst die Kreditvergabe. Die Transition muss finanziert werden und auch kritische Branchen, wie beispielsweise die Zementindustrie, müssen die Möglichkeit bekommen, sich mit Investitionen weiterzuentwickeln. Alles, was besser ist als das Alte, braucht es und soll auch finanziert werden, so meine Meinung.

Das ist die Finanzierungsseite. Es betrifft gleichermaßen die Seite der Veranlagung: Jeder Anlageberater muss heute Kunden fragen, ob der nachhaltig veranlagen möchte – da sind wir mittendrin im Kerngeschäft. Nachhaltigkeit betrifft also heute jeden Bankmitarbeiter, es braucht und gibt laufende Schulungen für alle Bankmitarbeiter, auch laufende Weiterbildung für den Vorstand und den Aufsichtsrat. Alle müssen im Thema ‚fit and proper‘ sein.

Die BKS Bank ist als Vorreiter in der Branche und darüber hinaus bekannt. Was macht das Nachhaltigkeits-Engagement eures Instituts besonders und was können andere Unternehmen daraus lernen?

Was uns unterscheidet ist sicher, dass wir so früh begonnen haben mit dem Thema, dass wir das Thema quer durch das ganze Unternehmen verankert haben und dass wir immer die Motivation und Kraft gehabt haben, das Thema weiterzuentwickeln. Andere können sicher lernen, wie wichtig der Blick darauf ist, die Elemente zu einem System zusammenzufügen und Nachhaltigkeit als strategisch relevant zu verstehen.

Ihr seid vielfach ausgezeichnet für euer Engagement. Dahinter steckt ganz viel Arbeit. Was waren über die Zeit die größten Hürden?

Zunächst muss ich sagen: Wir sind schon stolz auf unsere Auszeichnungen, die vierfache Auszeichnung der Wiener Börse als nachhaltigste Bank, die dreifache Auszeichnung für den besten Nachhaltigkeitsbericht; das ist wirklich besonders und das Ergebnis von viel Arbeit.

Aber natürlich gibt es viele Hürden. Die wesentlichsten? Die Ressourcen. Das Thema kostet Geld. Die letzten Jahre waren nicht einfach in der Bankenlandschaft, sowohl Digitalisierung wie die Nachhaltigkeit brauchen Ressourcen. Hürden sind die Kostenintensität und das Wissen. Es gibt keine Mitarbeiter am Markt; es braucht Menschen, die die Kompetenz in Sachen Nachhaltigkeit, aber auch die Freude am Thema haben. Also Geld und Wissen als Hürden. Was kommt für andere Branchen dazu? Für andere Branchen, v.a. in der Industrie, stehen Geschäftsmodelle am Prüfstand.

Eine weitere Hürde ist das fehlende Bewusstsein der obersten Leitung, wenn Nachhaltigkeit also nicht vorgelebt wird – „the Tone from the Top“ ist. Das ist erfolgsentscheidend, dies gibt aber für alle disruptiven Veränderungen, auch für die Digitalisierung. Die Sensibilisierung von Führungskräften für die Relevanz des Themas ist eine wichtige Aufgabe von Netzwerken. Es geht um Austausch, um Vernetzung, darum zu sehen, was in anderen Unternehmen mit Erfolg gemacht wird. Deshalb sind Netzwerke so wichtig, um sich austauschen, ohne einander zu bewerten.

Verantwortung zeigen! hat im Süden Österreichs dem Boden gut aufbereitet und bildet eine wichtige Plattform jenseits politisch gefärbter Lobbyingkreise, in denen qualifizierter Austausch zwischen Führungskräften stattfinden kann. Es ist immer wieder interessant, wie unterschiedlich die Herausforderungen in den Unternehmen sind und wie über Branchengrenzen hinweg doch alle gemeinsam in die gleiche Richtung streben und arbeiten.

Was charakterisiert jene Führungskräfte, die sich um eine nachhaltige Zukunft wirklich bemühen?

Ich glaube, diese Führungskräfte sind eine Spur mutiger als andere, sie sind bereit, Entscheidungen zu treffen, die noch im unsicheren Raum stattfinden, wo vieles noch Neuland ist. Es sind Persönlichkeiten, die den Mut haben zu einer eigenen Meinung, die sich selbst auch eine Richtung verordnen können, die Weitblick haben; den bekomme ich nur, wenn ich mich selbst stetig weiterentwickle und lerne. Zudem sind es geerdete Persönlichkeiten, nachhaltige eben. Schritt für Schritt besser zu werden ist für sie alle wünschenswerter, als kurzfristig schnell aufzusteigen.

Eine Prognose zur Zukunft der Umsetzung der SDGs und des Green Deals: Wo steht Welt und wo unsere Wirtschaft in 10 Jahren, was wird sich verändert haben?

Ich bin sehr optimistisch für die Zukunft der Welt, vom sauren Regen und vom Ozonloch redet heute keiner mehr. Die Wirtschaft hat eine große Kraft. Es wird uns auch diese Wende gelingen. Wir sind am Weg Richtung CO2-Reduktion, wir werden vieles erreichen können und große Schritte weiterkommen. Ich mag keine Apokalypse.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Worauf bist Du rückblickend am meisten stolz? Was nimmst du als wichtigste Erfahrung mit?

Ich bin stolz, dass ich den Trend früh erkannt habe, wie man sich zu verhalten hat; das gilt sowohl als Unternehmen wie auch als Bürger. Ich bin auch stolz, dass mir nie langweilig geworden ist mit der Nachhaltigkeit und dass ich die Kraft gehabt habe, am Thema dranzubleiben in diesem Marathon. Zudem bin ich stolz darauf, dass wir uns damit ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche erarbeiten konnten. Die schnellen Erfolge gibt es nicht, Zähigkeit und Dranbleiben sind immer noch die beste Art, ein Unternehmen erfolgreich zu führen. Sich immer wieder zu hinterfragen und doch am Weg zu bleiben.

Ein Plädoyer zum Schluss:

Für uns alle ist es wichtig, das Thema der Nachhaltigkeit ernst zu nehmen, es wird bleiben. Jedes Unternehmen muss für sich den passenden, eigenen Weg finden, es gilt, sich strategisch mit dem Thema auseinandersetzen. Veränderung ist träge und braucht Zeit – ich muss heute losstarten, um in Zukunft etwas zu bewegen. Das ist vielleicht auch das Besondere am Thema, die Langfristigkeit der Wirkung.

 

3 Tipps für Führungskräfte

  • Führen heißt entscheiden.
  • Sich selbst führen können, das will gelernt werden.
  • Zuhören.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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